
Studien
Abklärung der Todesursache am verstorbenen oder eingeschläferten Berner Sennenhund (Studie Hostettler); Abschluss der Untersuchungen
Krankheits- und Todesursachen werden beim Hund bisher mittels Sektion untersucht. Dies erfordert das Eröffnen des Körpers und die Begutachtung aller Organe. Unweigerlich wird dadurch der Körper des toten Hundes zerschnitten. Die Entscheidung, den gerade verstorbenen Hund dafür abzugeben, fällt verständlicherweise schwer – weshalb viele Besitzer dies ablehnen. Für die Zucht gesunder Berner Sennenhunde wäre es aber wichtig, auch die Todesursachen der Hunde zu kennen.
Seit Anfang 2012 haben zahlreiche BesitzerInnen und ZüchterInnen von Berner Sennenhunden unsere Studie unterstützt. An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie uns Ihren verstorbenen Freund für unsere Untersuchungen anvertraut haben.
Wir haben die Hunde im Computer-Tomographen untersucht und konnten, gestützt auf die Bilder, gezielt Biopsien von veränderten Organen oder Tumoren entnehmen. Von grosser Bedeutung für die Aussagekraft der Studie ist zudem, dass viele BesitzerInnen und ZüchterInnen auch mit der Durchführung einer konventionellen Sektion einverstanden waren. Dies erlaubt uns nun den Vergleich der Resultate der Computer-Tomographie mit den Resultaten der Sektion. Bedanken möchten wir uns auch bei den Tierärztinnen und Tierärzten, welche unsere Studie mit der Überweisung von Fällen oder mit Informationen zu Krankheitsverlauf und Therapie der Hunde unterstützt haben.
Das Tierkrematorium Seon hat viele Besitzer von Berner Sennenhunden auf unsere Studie aufmerksam gemacht und war uns ein wertvoller Partner beim Transport von verstorbenen Hunden. Dank seiner grossen Flexibilität bei der jeweils sehr kurzfristigen Organisation der Transporte nach Bern und zurück nach Seon, konnten wir auch Hunde aus entfernten Regionen innert kurzer Zeit untersuchen.
Wir haben nun genügend Fälle sammeln können für die Studie und beginnen mit der Auswertung der Ergebnisse. Die Untersuchung der Biopsien ist noch im Gange und erfordert noch etwas Zeit. Alle BesitzerInnen und ZüchterInnen mit ausstehenden Resultaten werden über die Resultate informiert, sobald diese vorliegen. Natürlich können Sie gerne jederzeit nachfragen, sollten Sie zur Untersuchung Ihres Hundes noch Fragen haben.
Über die Ergebnisse der Studie werden wir Sie gerne gegen Ende Jahr informieren.
In beschränktem Masse können wir weiterhin verstorbene Hunde mit diesem würdevollen Verfahren untersuchen. Anfragen richten Sie bitte an: urs.geissbuehler@vetsuisse.unibe.ch
Neue Hoffnung bei der Behandlung des histiozytären Sarkoms
Die Abteilung Radio-Onkologie der Vetsuisse Fakultät Zürich setzt zur Behandlung des histiozytären Sarkoms (HS/MH) ein neuartiges, vielversprechendes Medikament ein. Besitzer/Halter von Hunden, welche an einem histiozytären Sarkom erkrankt sind, können sich an die entsprechende Abteilung wenden. Auf der angegebenen Internetseite befinden sich rechts im Kasten Informationen für Tierbesitzer und Tierärzte.
Evaluierung einiger Parameter der Zucht mit speziellem Augenmerk auf die Inzidenz des Kaiserschnittes beim Berner Sennenhund
Die Dystokie oder der gestörte Geburtsverlauf, ist einer der häufigsten Notfälle in der Reproduktionsmedizin der Kleintiere. Besonders Hunde, sind von dieser Problematik betroffen. Generell können zwei Arten der Dystokie unterschieden werden: die obstruktive und die nicht-obstruktive. Im Falle einer obstruktiven Dystokie, befindet sich bereits ein Welpe im Geburtskanal, welcher aus unterschiedlichen Gründen nicht geboren werden kann. Im Falle der nicht-obstruktiven Dystokie, ist der Geburtskanal frei, die Geburt schreitet nichtsdestotrotz nicht voran. Obwohl die pharmakologische Behandlung einer nichtobstruktiven Dystokie möglich ist (z.B. Oxytocin, Calcium) endet die Mehrheit aller Dystokiefälle in einem Kaiserschnitt.
Geplante Kaiserschnitte wurden innerhalb der letzten 10 Jahren immer beliebter, da es Rassen gibt, bei denen auf Grund ihrer Konformität, fast 100% aller Geburten einen Kaiserschnitt benötigen. Geplante Kaiserschnitte haben, verglichen mit einem Notkaiserschnitt, eine höhere Sicherheit, sowohl für die Hündin als auch für die Welpen, sind aber risikoreicher, verglichen mit einer natürlichen Geburt.
Die generelle Evaluierung der Parameter der Reproduktion/Zucht einer bestimmten Rasse gibt den Züchtern die Möglichkeit, zu verstehen, ob ihre Zuchttechniken Früchte tragen und zu sehen, ob es Parameter gibt, welche man verbessern könnte.
In der Tiermedizin, besonders wenn es um Hunde geht, ist eine rassespezifische Studie einer Studie mit einer gemischten Population vorzuziehen, da der Hund mit seinen mehr als 300 Rassen extreme phänotypische Unterschiede aufweist.
Die Population, welche wir Dank DogBase, Deckmeldungen und Wurfmeldungen zusammenstellen konnten, ist deshalb außerordentlich wertvoll.
Die Studien-Population
Hündinnen, welche nach dem 1.1.2000 geboren sind und ihre dazugehörigen Würfe wurden inkludiert; kein derartiges Inklusionskriterium wurde für die Deckrüden gesetzt. Die Population besteht aus 401 Hündinnen, 207 Deckrüden und 1127 Würfe (geboren zwischen November 2001 und Dezember 2020). In diesen 1127 Würfen wurden 8106 Welpen geboren.
Deckmeldungen
604 Deckmeldungen standen zur Verfügung, welche zwischen November 2012 und September 2020 eingereicht wurden. 440 dieser Deckmeldungen konnten einer Wurfmeldung zugeschrieben werden, was bedeutet, dass 72.9% aller Deckmeldungen in einer erfolgreichen Trächtigkeit und Geburt endeten. In 164 (27.1%) hingehen, blieb die Hündin leer. Für die meisten Hündinnen wurden 2 Deckakte pro Deckmeldung verzeichnet; es schienen jedoch ein Minimum von 1 Deckakt und ein Maximum von 5 Deckakten auf. Die Anzahl an Deckakten war nahezu gleich, in Deckmeldungen welche einem Wurf zuzuordnen waren und denen, welche keine dazugehörige Wurfmeldung hatten.
Studien zufolge ist zu empfehlen, die Hündin zweimal innerhalb von 48 Stunden zu decken. In der Praxis ist dies jedoch oft nicht umsetzbar. Durchschnittlich vergehen 1.5 - 0.6 Tage zwischen den Deckakten. Die Tragezeit reichte von 57-70 Tagen (berechnet vom ersten Deckdatum) und die Mehrheit aller Würfe (58.6%) fiel nach 63±1 Tag. Der interessanteste Parameter bezüglich der Deckmeldungen, ist hingegen die Häufigkeit der Deckwiederholungen, beziehungsweise der Wurfwiederholungen. Dieser Parameter wurde bis heute in keiner anderen Studie beschrieben oder diskutiert. 16.1% aller Deckmeldungen waren Wiederholungen; 48.5% von diesen waren Wurfwiederholungen, und 51.5% davon waren Deckwiederholungen.
Wir haben Deckwiederholungen als Wiederholungen bezeichnet, welche nach einem Deckakt vollzogen wurden, bei dem die Hündin leer geblieben ist. Wurfwiederholungen hingegen sind Wiederholungen einer Verpaarung, welche nach einem erfolgten Wurf vollzogen wurden. Wurfwiederholungen wurden einmal durgeführt, wohingegen Deckwiederholungen einmal in 76.7% der Fälle durchgeführt wurden, jedoch ein Maximalwert von 3 verzeichnet wurde.
Daten zu den Welpen
8106 Welpen wurden geboren, davon waren 3996 (49.3%) Rüden und 4110 (50.7%) Hündinnen. Diese Unterteilung in 50:50 ist ein erwartetes Ergebnis.
Die durchschnittliche Wurfgröße liegt bei 7.2±3.1 Welpen pro Wurf, variiert aber zwischen einem Minimum von 1 und einem Maximum von 16 Welpen. Die Wurfgröße variierte weiters signifikativ zwischen primiparen und pluriparen Hündinnen. Hündinnen welche ihren ersten Wurf hatten, hatten signifikativ größere Würfe als pluripare Hündinnen. Die Wurfgröße wurde außerdem vom Alter der Hündin beeinflusst (d.h. jüngere Hündinnen hatten größere Würfe verglichen mit älteren) und am beeindruckendsten war der Unterschied in der Wurfgröße zwischen Hündinnen, welche einen vorherigen Kaiserschnitt hatten, verglichen mit jenen, die noch keinen Kaiserschnitt hatten (5.8±3 Welpen in Hündinnen mit vorherigem Kaiserschnitt, verglichen mit 7.5±3 Welpen in Hündinnen ohne vorherigem Kaiserschnitt).
973 dieser Welpen waren als totgeboren verzeichnet. Dies heißt, dass die generelle Rate der Totgeburten 12% beträgt. Die Anzahl an Totgeburten war signifikativ höher in primiparen Hündinnen verglichen mit pluriparen Hündinnen.
Die Totgeburtenrate beim Hund ist generell als hoch dokumentiert, ist jedoch mit 12% verglichen mit anderen Studien in denen der Berner Sennenhund in kleineren Gruppen evaluiert wurde, höher. Verglichen mit einer neuen Studie, welche die Zucht des Berner Sennenhundes in Schweden beurteilt, ist die Totgeburtenrate in der Schweiz niedriger, obwohl die Population sehr viel größer ist.
Der Kaiserschnitt
Obwohl der Berner Sennehund keine Rasse ist, die generell als Risikorasse bezeichnet wird, haben wir eine nicht lineare Zunahme der Kaiserschnitte über die Jahre gesehen. Dies kann viele Gründe haben, ist jedoch zu untersuchen. Von allen Würfen wurden 343 (30.4%) der Würfe mittels Kaiserschnitts entbunden. Lediglich 23 davon wurden als geplante Kaiserschnitte verzeichnet. Da diese Nummer zu niedrig ist, um aussagekräftige Ergebnisse zu liefern, wurden geplante und nicht-geplante Kaiserschnitte gemeinsam beurteilt. 6098 Welpen wurden also durch eine natürliche Geburt entbunden, wohingegen 2008 Welpen in Kaiserschnittgeburten entbunden wurden. Kaiserschnitte waren hauptsächlich in pluriparen Hündinnen zu finden (65.6% pluripare; 34.4% primipare). Weiters wurden Kaiserschnitte häufiger in älteren Hündinnen verzeichnet und in Würfen, welche entweder sehr klein (<3 Welpen) oder sehr groß (>11 Welpen) waren.
Die beiden interessantesten Parameter bezüglich des Kaiserschnittes waren jedoch in der Anamnese der Hündin zu finden und der Zeitpunkt während der Geburt an dem der Kaiserschnitt durchgeführt wurde. Von den 401 Hündinnen welche wir untersucht haben, hatten 218 mindestens einen Kaiserschnitt. Von diesen 218 Hündinnen hatten 57.3% einen, 30.3% zwei, 10.1% drei und 2.3% vier Kaiserschnitte.
Von den verbleibenden 183 Hündinnen, welche nie einen Kaiserschnitt hatten, hatten 50.8% lediglich einen oder zwei Würfe. 209 Würfe wurden von Hündinnen geboren, welche bereits einen Kaiserschnitt hatten und die Mehrheit der folgenden Würfe (58.9%) wurde mittels Kaiserschnittes geboren. Das heißt, dass Hündinnen welche bereits einen Kaiserschnitt hatten, ein signifikativ höheres Risiko für einen Kaiserschnitt in den folgenden Trächtigkeiten hatten 62.3% aller Deckrüden waren Väter von mindestens einem mit Kaiserschnitt geborenem Wurf. Das Überleben der Welpen ist für jeden Züchter ein überaus wichtiger Punkt, und obwohl viele getestete Faktoren keinen signifikativen Einfluss auf die Überlebensrate hatten, fanden wir einen, welcher von besonderer Wichtigkeit war. Dieser Parameter war der Zeitpunkt an welchem der Kaiserschnitt durchgeführt wurde.
Wir haben zwei Gruppen miteinander verglichen; T0, d.h. der Kaiserschnitt wurde vor der Geburt des ersten Welpen durchgeführt und T1, d.h. der Kaiserschnitt wurde nach der Geburt des ersten Welpen durchgeführt. Wenn man den Würfen welche an T0 und an T1 operiert wurden einen Mittelwert an Totgeburten beimisst, wird evident, dass mehr Welpen tot zur Welt kamen, wenn nach der Geburt des ersten Welpen operiert wurde (0.3±0.7 tote Welpen an T0; 1.2±1.2 tote Welpen an T1). T0 und T1 wurden durch das Alter der Hündin, die Wurfgröße und die Präsenz vorhergegangener Kaiserschnitte in der Anamnese der Hündin beeinflusst, d.h. dass Hündinnen im Falle von Kaiserschnitten an T1 älter waren, bereits vorhergegangene Kaiserschnitte hatten und größere Würfe hatten (3.1±2.7 Welpen in T0;7±2.8 Welpen in T1).
Dank der Menge an Daten und dem Zugang zum DogBase konnten wir weiters einen neuen Parameter einführen, welcher so in dieser Form bis jetzt nicht beschrieben wurde. Wir haben diesen Parameter PED+ und PED- genannt. Hündinnen und Deckrüden, welche als PED+ bezeichnet wurden, hatten innerhalb des Pedigrees mindestens einen Ahnen, welcher einen Kaiserschnitt hatte. Hündinnen und Deckrüden, welche als PED- bezeichnet wurden, hatten keine Ahnen, welche einen Kaiserschnitt hatten. Die Erarbeitung dieses Parameters ist noch im Gange, jedoch haben wir gesehen, dass PED+ Hündinnen ein höheres Risiko für Kaiserschnitte haben. Weiters haben wir große Unterschiede in der Inzidenz des Kaiserschnittes gefunden, je nachdem wie PED+ und PED- verpaart wurden, mit der höchsten Inzidenz in Würfen aus Verpaarungen von PED+ Hündinnen mit PED+ Rüden.
Der Berner Sennenhund ist generell nicht als Risikorasse definiert, jedoch haben wir durch unsere Evaluierung einige Risikofaktoren für diese Rasse identifizieren können. Viele der Ergebnisse, die hier beschrieben sind, sind vielleicht „allgemeines Züchterwissen“ jedoch bin ich froh dieses nun mit Nummern belegen zu können. Das Wissen der Züchter, welches sich auf Erfahrung bezieht, ist überaus wichtig, und sollte meiner Meinung nach als Basis für Forschung dienen. Deshalb bin ich sehr glücklich über diesen Dialog und die Möglichkeit Forschung voranzutreiben, mit Hilfe der Personen, welche diese Dinge nicht nur sehen, sondern auch erleben und in Folge verbessern können.
Es ist mir ein großes Anliegen an dieser Stelle darauf einzugehen, dass der Kaiserschnitt in Folge einer Dystokie eine Behandlung eines Problems ist und nicht das Problem darstellt. Um die Inzidenz des Kaiserschnittes und der Dystokie zu verringern, müssen wir herausfinden, was diese beeinflusst und erhöht. Der geplante Kaiserschnitt ist ein gutes Mittel, um das Risiko der Operation zu vermindern, in Rassen, in denen eine Dystokie quasi garantiert ist, jedoch kann er nicht als Lösung des Problems der Dystokie angesehen werden und weitere Forschung und zuchthygienische Maßnahmen sind notwendig, um das grundlegende Problem zu finden und zu lösen.
Die beschriebenen Daten und Ergebnisse wurden wie folgt publiziert: Schrank, M., Sozzi, M. & Mollo, A. Prevalence of cesarean sections in Swiss Bernese Mountain Dogs (2001–2020) and identification of risk factors. Acta Vet Scand 64, 42 (2022). https://doi.org/10.1186/s13028-022-00664-9 Die vollständige Publikation ist unter dem folgenden Link frei von Kosten einsehbar: https://actavetscand.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13028-022-00664-9
Resultate der Studie mit Antagene
(DM und HS Vorkommen in der Schweizer Population)
Es wurden 91 Hunde aus 58 Würfen, welche im Jahr 2014 geworfen wurden, auf Degenerative Myelopathie (beide Mutationen) und Histiozytäres Sarkom untersucht. Die Resultate aus den Untersuchungen von Antagene wurden zusammen mit dem Institut für Genetik der Vetsuisse Fakultät Bern analysiert.
Krankheiten und Todesursachen bei im Jahr 2001 und 2002 in der Schweiz geborenen Berner Sennenhunden (Studie Rossetti)
Frau Menga Rossetti hat die unter der Leitung von Prof. Dr. M. Doherr und Dr. Urs Geissbühler durchgeführte Studie abgeschlossen. Die entsprechende Doktorarbeit wurde Anfang 2011 von der Vetsuisse Fakultät Bern genehmigt. Die Studie wurde vom Gesundheitsfonds des Schweizerischen Klubs für Berner Sennenhunde und vom Institut für Veterinary Public Health finanziert. Frau Menga Rossetti ist nun berechtigt, den Doktortitiel der Veterinärmedizin zu tragen und bedankt sich für die Überlassung des Themas und für die Finanzierung.
Krankheiten und Todesursachen bei im 2001 und 2002 geborenen Berner Sennenhunden
Eine elektronische Version der Dissertation (in Englisch) kann angefordert werden unter: urs.geissbuehr@vetsuisse.unibe.ch
Fortsetzung der Studie über die Erkrankungen und Todesursachen bei im Jahr 2001 und 2002 in der Schweiz geborenen Berner Sennenhunden
Herr Michael Klopfenstein, hat im Rahmen seiner Masterarbeit die oben erwähnte Studie (Studie Rossetti) weiter geführt. Er hat sich dabei auf die Untersuchung der Todesursachen beschränkt. Seine Masterarbeit ist nun als pdf-Datei verfügbar:
